Das Bild von 1927 (Bauhaus-Archiv Berlin) zeigt Weberinnen auf der Bauhaustreppe in Dessau.
Der Bauhaus-Gründer Walter Gropius wollte ursprünglich jede begabte Person als Lehrling aufnehmen, ungeachtet ihres Geschlechts, was dazu führte, dass 1919 im ersten Semester mehr Frauen als Männer eingeschrieben waren. Diese stiessen aber immer wieder auf Widerstand der Meister, wenn sie Zugang zu den Werkstätten suchten. So landeten die meisten Frauen in der Weberei, die eigens für sie gegründet wurde. Sie war als Kunstgewerbe eingestuft, das im Ansehen hinter der Kunst stand. Der Bauhaus-Meister Oskar Schlemmer soll gesagt haben: "Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, und sei es nur zum Zeitvertreib".
Die Geschichte der Frauen am Bauhaus wurde in den letzten Jahren in verschiedenen Publikationen aufgearbeitet:
2009 erschien die schön gestaltete Dokumentation "Bauhaus-Frauen" von Ulrike Müller mit reich bebilderten Porträts von zwanzig Frauen, die am Bauhaus studiert und zum Teil auch gelehrt haben. Seit 2014 gibt es davon eine Ausgabe als Taschenbuch zu deutlich günstigerem Preis, allerdings mit nur zwölf Porträts.
2017 schrieb die Journalistin Theresia Enzensberger den Roman "Blaupause", der mit Luise Schilling eine fiktive Studentin am Bauhaus in den Mittelpunkt stellt. Das Buch liest sich leicht und ist unterhaltsam, aus meiner Sicht aber insgesamt zu oberflächlich. Die Autorin setzt allerdings ein eindeutiges Zeichen für die verkannten Frauen am Bauhaus, indem sie ihrer begabten Heldin die Pläne für eine Siedlung stehlen lässt, von niemand Geringerem als Walter Gropius selber.
2018 erschien der biografische Roman "Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus" von Jana Revedin über das Leben von Ise Frank, die in München als Buchhändlerin und Rezensentin arbeitete, bevor sie Walter Gropius kennenlernte und ihm als seine Ehefrau ans Bauhaus folgte. Das Buch zeichnet ein vielschichtiges Bild des Bauhauses mit seinen Protagonisten. Jana Revedin urteilt dabei ganz subjektiv und macht keinen Hehl daraus, dass sie weder für Johannes Itten noch für Hannes Meyer Sympathien hegt. Der eine ist ihr zu sektiererisch, der andere zu kommunistisch.
Die Dokumentation "Bauhausfrauen" porträtiert drei Frauen: Gunta Stölzl, die einzige Meisterin am Bauhaus (natürlich in der Weberei), Alma Buscher und Friedl Dicker. Entstanden sind eindrückliche Porträts mit fundierten Kommentaren. Ausgestrahlt wurde das Video am Themenabend "Frauen am Bauhaus" im Ersten Deutschen Fernsehen. Es ist in der Mediathek zu finden.
2018 wurde von der ARD zum bevorstehenden Bauhaus-Jubiläum unter der Regie von Gregor Schnitzler der Spielfilm "Lotte am Bauhaus" gedreht mit Alicia von Rittberg als Lotte Brendel in der Hauptrolle. Als Vorbild für die fiktive Lotte soll Alma Buscher gedient haben. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 13. Februar 2019 in ihrer Rezension unter dem Titel "Viel Lotte, wenig Bauhaus", dass das Bauhaus zum ästhetischen Rahmen für eine Liebesgeschichte verkomme, was ich auch so wahrgenommen habe.
Manche der Weberinnen auf der Bauhaustreppe tragen zwar gestrickte Pullover, die aber diesmal nicht der Grund sind für mein Interesse. Geweckt wurde dieses durch eine Kollegin, deren Grossmutter eine von insgesamt 426 Studentinnen war, die am Bauhaus studiert haben. Von ihr existieren noch gestrickte Decken, die ich gern fotografieren und hier zeigen möchte.